

Hilfen für die Industrie: EU-Kommission schlägt Ausweitung der Stahlzölle vor
Die EU-Kommission hat eine Ausweitung der EU-Zölle auf Stahl vorgeschlagen. Dem Vorschlag vom Dienstag zufolge sollen jährlich nur noch 18,3 Millionen Tonnen der wichtigsten Stahlimporte zollfrei auf den EU-Markt gelangen - deutlich weniger als noch im vergangenen Jahr. Darüber hinaus soll ein 50-prozentiger Zoll fällig werden. Brüssel will die europäische Stahlindustrie so vor der billigeren Konkurrenz aus China schützen.
Stahlimporte in die EU sind bis zu einer bestimmten Menge pro Jahr zollfrei, für große Lieferanten wie die Türkei und Indien gelten spezifische Quoten. Überschreitet die Einfuhrmenge die jeweilige Obergrenze, wird bislang ein Zoll von 25 Prozent fällig, den die Kommission nun verdoppeln will.
Ziel ist es nach Aussage eines EU-Beamten, dass sich Einfuhren in die EU oberhalb der Quote von 18,3 Millionen Tonnen nicht mehr lohnen. Die Importe sollen also sinken, die Produktion innerhalb der EU steigen. Nach Angaben des europäischen Stahlverbands Eurofer laufen die europäischen Stahlwerke derzeit nur zu gut zwei Dritteln ihrer Kapazität und sind damit kaum profitabel.
Der Branchenverband begrüßte die Vorschläge der EU-Kommission. Die Ausweitung der Zölle sei "entscheidend", um die Branche und die Arbeitsplätze "zu erhalten", teilte Eurofer am Dienstag mit.
Die EU wirft insbesondere China vor, seiner Stahlindustrie mit staatlichen Hilfen einen unfairen Vorteil zu verschaffen und dafür zu sorgen, dass weltweit zu viel Stahl auf dem Markt ist. Zahlen des Weltstahlverbands zufolge produzierte China im vergangenen Jahr mehr als 1000 Millionen Tonnen und damit mehr als die Hälfte des Stahls weltweit. Zum Vergleich: Die deutsche Industrie kam auf rund 37 Millionen Tonnen Stahl.
Die europäischen Hersteller leiden unter hohen Energiepreisen, außerdem sind sie von den US-Zöllen betroffen. Zugleich ist die Umstellung der energieintensiven Stahlproduktion auf grüne Energie sehr teuer. Hersteller wie die Stahlsparte von Thyssenkrupp oder der Konzern ArcelorMittal stecken deshalb in der Krise. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat deshalb einen Stahlgipfel angekündigt.
Der Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA), die zu den Hauptabnehmern gehören, warnte vor steigenden Preisen infolge der Zölle. Der Verband forderte eine Senkung der Energiepreise, die allen Industriezweigen zugute kommen würde. Auch die Wirtschaftsvereinigung Stahl setzt sich für niedrigere Energiepreise ein.
Die nun vorgeschlagene Obergrenze für zollfreie Importe entspricht rund 60 Prozent der gesamten Einfuhren im vergangenen Jahr. Sie bezieht sich auf Stahl in verschiedenen Formen, der in der EU weiterverarbeitet wird, darunter Draht, Stäbe, Platten sowie Bahngleise. Ausgenommen von den Obergrenzen sind Norwegen, Island und Liechtenstein.
Die Einfuhrquote lag bislang so hoch, dass sie kaum einen Effekt hatte: 2024 etwa importierte die EU weniger Stahl, als zollfrei möglich gewesen wäre. Der Mechanismus stammt noch aus der Zeit des Zollstreits während der ersten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump (2017-2021) und läuft nach den Regeln der Welthandelsorganisation zum 1. Juli 2026 aus.
Nach Angaben aus Brüssel würde sich die EU mit den neuen Vorschlägen weiter an die WTO-Regeln halten. Die Kommission will nun Verhandlungen mit "gleichgesinnten Handelspartnern" aufnehmen, um mögliche Streitigkeiten wegen der neuen Zölle auszuräumen und über spezifische Länderquoten zu beraten. Außerdem hofft die Kommission auf weitere Verhandlungen mit den USA, um Trumps 50-prozentige Stahlzölle zu mindern.
Die EU glaube weiterhin an einen regelbasierten internationalen Handel, hatte EU-Industriekommissar Stéphane Séjourné bereits in der vergangenen Woche gesagt. Sie werde sich aber "nicht als Einzige Grundsätze auferlegen, an die sich andere nicht mehr halten." Die EU lehne "Dumping-Preise ab, die durch massive Subventionen ermöglicht werden".
Die neuen Quoten sollen dauerhaft gelten und alle zwei Jahre überprüft werden. Sie sollen nach Vorstellung der Kommission spätestens zum 1. Juli 2026 in Kraft treten, sodass nach Auslaufen der bisherigen Regelung keine Lücke entsteht. Zuvor müssen aber noch das Europaparlament und die 27 EU-Länder über das Gesetz verhandeln.
W.Kraus--VZ